Ich gehöre ja zu der Generation, die nicht mit dem PC groß geworden ist. Deswegen sind mir auch vorzugsweise Begriffe wie “Hexenverbrennung”, “Inquisition” oder “Heiliger Krieg” eingefallen, als der PC flächendeckend Einzug in unser Wohnzimmer hielt. Das hat sich Anfang der 90er Jahre geändert, als mir beruflich keine Wahl mehr blieb. Gut so, habe ich doch damals für mich eine ganz neuen Welt entdeckt.
Seither ist viel passiert, die “Internetrevolution” und nun das, was sich aus dem neuen Selbstverständnis für Kommunikation im Internet entwickelt hat und weiter entwickelt. Die jungen Leute (was immer das auch genau ist…), ja die… Die werden ja mit dem PC, dem Internet, der weltweiten Vernetzung, kurz der Teilverlagerung ihres Lebens in den virtuellen Raum groß. Das stimmt zwar nicht immer so, kann aber als Tendenz aus meiner Sicht so stehen bleiben. Ein Fachmann für Sozial Media – das ist die Wortweiterentwicklung für ” Web 2.0″ – bezeichnete diese Gruppe Mensch neulich als „Digital Natives“, also die, die damit groß geworden sind. ICQ, Schüler- oder StudiVZ – hier wird vermeintlich ohne Wenn und Aber das eigene und das Leben anderer kompromiss- und schonungslos im Internet dargestellt (ich habe bewusst nicht “zur Schau gestellt” geschrieben) und ausgelebt. Das ist – wenn man nicht zu arglos damit umgeht – aus meiner Sicht eine positive Entwicklung, weil frühzeitig die Kompetenz für das virtuelle Leben der Zukunft aufgebaut und gefördert wird. Wenn ich oben genannten Fachmann richtig verstanden habe, unterscheidet der “Digital Nativ” eigentlich gar nicht mehr zwischen virtuellem und realem Leben!
Anders die Gruppe der „Digital Imigrants“, die Gesellschaftsgruppe, die das alles nicht für selbstverständlich hält, weil sie nicht damit groß geworden ist, die Gruppe, der auch ich aufgrund meines Alters angehöre.
Bestandsaufnahme: Was haben wir? Nehmen wir zuerst die Generation meiner Eltern. Die Rentnerriege hat mittlerweile aufgeholt! Oft ist es zwar nur der alte abgelegte PC der Kinder, der genutzt wird, aber es reicht um sich ein paar Informationen über den Herbsturlaub zu besorgen. Trotz der zaghaften Annäherung: Bankgeschäfte, Einkauf, oder gar die Verlagerung des sozialen Lebens in den virtuellen Raum gibt es aus meiner Sicht doch eher selten.
Eine Generation weiter: Menschen aus meiner Nachbarschaft, alle so zwischen 40 und 55 Jahre. Für sie ist die Verlagerung der Kommunikation ins Internet – jenseits von eMail – häufig so weit entfernt wie Alpha Centurie von Mutter Erde. Obgleich die meisten Nachbarn nur schon wegen der Kinder im Internet sind. Twitter, XING, Facebook und Co. sind hier bei uns kein Thema. Man nutzt eben eher das Web 1.0, wenn überhaupt, es gibt hier auch noch Nachbarn, die gar keinen Computer besitzen.
Tja, und irgendwo mitten zwischen den Jungen und den Alten komme ich mir manchmal ein wenig verloren vor. Privat und beruflich mit den ganzen Entwicklungen vertraut, ist es doch trotzdem so, dass ich eben nicht in der virtuelle Welt hinein geboren wurde. Ich bin schon 1000 Mal über meinen eigenen Schatten gesprungen. Habe mir einen XING-Account zugelegt, wage erste Gehversuche bei Facebook und Twitter und blogge. Aber all das geschieht auch heute noch mit einem gewissen Maß an positiver Skepsis und mit viel Überlegung. Noch vor einiger Zeit hätte ich nie auf das XING-Profil einer mir nicht so gut bekannten Person geklickt. Die hätte ja gesehen, dass ich ihre Seite besucht habe.
Heute sehe ich das durchaus anders. Und trotzdem: Da gibt es für mich noch viel zu lernen, nicht nur inhaltlich, sondern auch, was meine Haltung zur eigenen Öffnung im Sozialen Netzwerk der Zukunft angeht. Ich finde es toll, aber normal oder gar einfach ist es für mich nicht immer. Aber ich bin ja auch nur ein „Digital Imigrant“. Obgleich, um den Fachmann am Ende noch einmal zu zitieren: Die wertvolleren Netzwerker der Zukunft sind die „Digital Imigrants“, denn nichts was hier passiert ist für sie normal oder selbstverständlich und das hält wach und lässt einen im positiven Sinne kritisch sein und das ist auch gut so!